Begegnungen

Neidel - Kapitel 6 - Teil II

Wer sich ein Bild macht, stellt Bedeutungen her, indem er etwas ein- oder ausschließt. Was uns ent geht, kann belanglos, aber auch von entscheidender Tragweite sein. Ohne Unsichtbares, keine Imagination. Gerade das, was wir nicht sehen, stellt oft einen Bezug zu radikalen Überschreitungen oder Unterwanderungen des Vorstellbaren her. Radikal Imaginäres operiert mit der Unsichtbarkeit als unerschöpflichen Vorrat an Anderssein, als äußerste Herausforderung an jede stabilierte Bedeutung.

Das Unsichtbare destabilisiert eindeutige Sinnzu­schreib­ungen, indem es Anwesenheit durch Ab­wesenheit herstellt. Bilder, auch die von Hjalmar, entstehen aufgrund der Schwellen, Übergänge und wechselseitigen Dynamiken vom Sichtbaren zum Unsichtbaren und vice versa. Versuchen wir also, uns ein Bild von etwas zu machen, von dem wir uns eigentlich kein Bild machen können. Nebenher könnte so sinnliche Intelligenz trainiert werden.

Angesichts der Arbeiten von HLW könnte da schließlich noch ein Fenster zur Mystik geöffnet werden. Das Wort kommt von myo; es bedeutet: ich schließe die Augen. Die äußere Welt versinkt; das äußere Gewirr bleibt zurück. Der mystische Weg zeigt nach innen; Stille tritt ein. Die Seele schlägt ihre Augen auf.

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